re:publica22: Her mit der besseren Zukunft!

Vergangene Woche waren wir auf der re:publica in Berlin. Das Festival der digitalen Gesellschaft bringt Keynote-Speaker:innen auf die Bühne, die sich mit politischen, gesellschaftlichen, klimatischen, globalen und digitalen Herausforderungen auseinandersetzen. In grosser Runde wird darüber nachgedacht, was das für unsere Gesellschaft, Politik und Wirtschaft heisst.

»Any Way the Wind blows« ist der letzte Satz des Queen-Songs Bohemian Rhapsody und gleichzeitig das Motto der diesjährigen Konferenz. Vor allem die vielen aktuellen gesellschaftlichen und politischen Geschehnisse lehren uns, dass der Wind in jede Richtung wehen und sich drehen kann. Global-politische Kriegs- und Krisensituationen, Nachhaltigkeit und der Klimawandel waren dieses Jahr prominente Themenstränge. Im selben Atemzug werden Zusammenhalt, Vernetzung, die Macht der Vielen, das Kollektiv und der gemeinsame Wille genannt, um endlich gesellschaftsfähige Lösungen auf diese Herausforderungen zu finden.

Aus drei Tagen re:publica haben wir drei Schlüsselerkentnisse gezogen, die es für Veränderung in krisenreichen Zeiten benötigt:

  1. Veränderung braucht Zusammenhalt

    Persönliche Beziehungen zu- und miteinander sind essentiell, um komplexe gesellschaftliche Probleme zu bewältigen. Mehr denn je sei das Rückbesinnen auf die gemeinsamen gesellschaftlichen Werte notwendig, um mit der Vielfalt an gesellschaftspolitischen Herausforderungen umgehen zu können. Der Spiegel-Journalist Sascha Lobo sezierte Antirationalismus und Antiliberalismus als grosse Blockaden für gesellschaftlichen Wandel. Er fordert, konsequent gegen diese Rückschritte zu kämpfen, denn unsere Welt befindet sich in der Schieflage und leidet unter frappierenden Ungerechtigkeiten: Machthaber:innnen suchen Antworten auf die verheerende Klimakatastrophe, prekäre Volkswirtschaften und chaotische weltpolitische Ereignisse, und trotzdem werden fragwürdige Entscheidungen getroffen. Die Autorin Ece Temelkuran legt mit ihrem neuesten Buch “Wille und Würde” ein klares Narrativ vor: Sie setzt nicht auf eine idealisierte Zukunft, sondern auf eine Gegenwart in der wir unsere Würde und unsere gemeinsamen Werte wiederfinden. Sie plädiert für eine Welt, in der Menschlichkeit an erster Stelle steht. Die Gesellschaft muss wieder aneinander glauben - und an die Politik. Es braucht diesen Glauben in die Politik und dass wir viele sind. Denn nichts befähigt den Aufstieg von autoritären Mächten mehr, als Gesellschaften die sich politisch machtlos fühlen. Politisches Handeln muss sich strategisch ändern, um angemessen auf die Überflut an Krisen reagieren zu können.

    Hier setzt auch Expedition Zukunft an und verschiebt durch das Zusammenbringen verschiedenster Stakelholder die Handlungsmacht der Einzelnen. Gesellschaftliche Systeme werden immer komplexer und können nicht mehr nur durch wenige einzelne Perspektiven gelöst werden. Dieses Verständnis muss alle Sphären unserer Gesellschaftsordnung durchrieseln.

  2. Veränderung braucht Mut

    Die Autorin und Podcasterin Alice Haster beschreibt, warum wir eine kollektive Erschöpfung anerkennen sollten und wie diese zu Veränderung führen kann. Wie alle Vortragenden verdeutlicht auch sie, dass sich die Welt in vielen Punkten dringend wandeln muss. Die Gesellschaft muss ihre Erschöpfung anerkennen und im Umkehrschluss für sich nutzen. Diesen Punkt bringt sie auch mit der Klimakatastrophe in Berührung. Durch unsere Lebensweise erschöpfen wir unsere Erde. Wir verwenden allerdings auch zu viel Zeit darauf, dies nicht ändern zu wollen. Nicht nur unser Planet sondern auch wir Menschen brauchen daher einen Akt der Erschöpfung, um positive Veränderungen daraus zu erzielen. Fredericke Otto ist Klimaforscherin am Imperial College in London und beleuchtet diese positiven und hoffnugsstiftenden Aspekte des Klimawandels. Es braucht Mut, sich als Einzelne den grossen ökologischen Transformationen zu stellen. Immerhin sind an persönliche Betroffenheit durch gesellschaftliche Krisen immer auch soziale Fragen gekoppelt - und diese gilt es mit politischer Veränderung zu erkunden. Dafür braucht es den Mut aus veralteten Strukturen auszubrechen und neue Politik zu wagen.

    Das Politik mutiger sein muss, ist ein Gründungsgedanken von Expedition Zukunft. Und für die Entdeckung dieser neuen Möglichkeiten und Arten der Politik müssen wir experimentierfreudiger werden. Expedition Zukunft ist ein Experiment, die Kultur der Schweizer Politik zu verändern und damit mutige Politik zu designen. Experimente können natürlich auch scheitern - aber wie heisst es so schön: wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Und wir müssen zumindest den Versuch wagen, unser starres politisches Ordnungsprinzip aufzubrechen.

  3. Veränderung braucht Ressourcen(schonung)

    Maja Göpel ist deutsche Politikökonomin, Transformationsforscherin, Nachhaltigkeitserxpertin und Gesellschafswissenschaftlerin mit Schwerpunkt auf transdisziplinäres Denken und ermutigt, dass sich in jedem Vergehen und in jeder Krise auch ein Moment der Chance finden lässt. Dabei erklärt sie, dass Resilienz immer systematisch und vor allem im globalen Kontext gedacht werden sollte, um eine ressourcenschonende und zukunftsfähige Gesellschaft entstehen lassen zu können. Sie stellt sich den Grenzen des Wachstums und rüttelt mit ihrer Arbeit auf, Krisen in gesellschaftlichen, persönlichen und politischen Kontexten vielfältig zu erdenken. Es benötigt alle zugänglichen Perspektiven, um eine zukunftsfähige Gesellschaft zu ermöglichen. Weiters braucht es eine sozial-ökologische Transformation die von vielen und nicht von einzelnen Gesellschaftsmitgliedern getragen wird. Innovation kann nicht losgelöst von den grossen Herausforderungen unserer Zeit entstehen und trägt daher immer einen politischen Gedanken inne.

    Die re:publica, der Austausch mit Gleichgesinnten und die Dringlichkeit der Lösung von den wachsenden gesellschaftspolitischen Herausforderungen bestärken uns darin, dass wir mit unserem mutigen Gedanken auf dem richtigen Weg sind. Expedition Zukunft erkundet nicht nur gesellschaftliche Herausforderungen, sondern bringt darüber hinaus die verschiedenen Perspektiven aus unterschiedlichen Meinungsblasen für deren Lösung zusammen, um gemeinsam für eine bessere Zukunft einzustehen.

Die re:publica offenbart deutlich, dass wir - aufgrund der vielen unterschiedlichen Krisenformationen, die sich miteinander verschränken und auch wechselseitig verstärken - in sehr besonderen Zeiten leben. Philosophin Carolin Emcke und Klimaökonom Ottmar Edenhofer sehen unsere Gesellschaft in einer Dauerkrise. Über die Kraft und Macht der Vernetzung von gesellschaftspolitischen Bewegungen hinaus, braucht es vor allem die Kollaboration mit unterschiedlichen Entscheidungsträger:innen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft, um nicht nur den Wind zu finden, der uns in eine bessere Zukunft trägt sondern konkret an der Umsetzung von Lösungen mitzuwirken.

Bildrechte: re:publica

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