Visionen entwickeln, die politische Handlungen inspirieren - Teil 2
“Was die DB von der Schweiz und Österreich lernen sollte” oder “The Elon Musk Era is Over". So titelt die Frankfurter Allgemeine und die New York Times über das Bahnnetz der Schweiz und Österreich. Nicht heute - sondern im Jahr 2050.
Diese Zeitungsausschnitte mögen vielleicht wie Hirngespinste klingen. Sie sind aber tatsächlich ein mächtiges Instrument, um die Erarbeitung politischer Visionen zu inspirieren. Sie sind die Tickets für eine imaginäre Reise in die Zukunft, wo wir unsere Visionen schärfen und ihre Umsetzung planen können.
Solche Zeitungen nutzen wir im Rahmen unserer neuen Methode, dem Lab für politische Visionen.
Aber zuerst: Von welchen Visionen reden wir?
Was ist die Zukunft der Mobilität? Wie kann die Schweiz die Energieversorgung der nächsten Jahre in Anbetracht der Klimaziele sicherstellen? Wie verstehen wir die Schweizer Neutralität? Diese Themen gehören aktuell zu den dringendsten, aber auch komplexesten der Schweizer Politik. Umso frustrierender, dass genau für diese Themen überparteiliche Visionen fehlen.
Aus unserem ersten Policy Sprint haben wir gelernt, dass solche Visionen ausgelöst und gemeinsam erarbeitet werden müssen (siehe Teil 1 dieses Blogs). Diese kollaborative Zukunftsgestaltung erfordert die richtigen Methoden - hier finden Sie unsere!
Wie können wir gemeinschaftlich politische Zukunftsvisionen hervorrufen und ihre Umsetzung planen?
Unsere Antwort: Das Lab für politische Visionen. Ein Format, das genau dieser kollaborativen Visionsfindung dient.
Im ersten Lab haben wir uns zusammen mit den SBB, den ÖBB und Jungpolitiker:innen von unterschiedlichen Parteien aus der Schweiz und Österreich auf die Suche nach der Mobilität der Zukunft gemacht. Für die Erarbeitung starker Visionen, die auch ihren Weg in die Umsetzung finden können, ist die Vielfalt der Teilnehmerinnen ganz wesentlich. Nur wenn man möglichst breite Perspektiven einbindet, kann man mutige und wirkungsvolle Visionen erarbeiten.
Wie funktioniert es genau?
1. Wo stehen wir heute?
Wir beginnen im Hier und Jetzt. “Im Bahnsektor sollte mehr Wettbewerb herrschen” oder “Ich würde lieber einen 4-wöchigen Roadtrip mit dem Auto durch Europa machen als einen Monat mit Interrail rumreisen.” Zu verschiedenen Aussagen können sich die Teilnehmenden räumlich positionieren, von ganz zustimmend bis ganz ablehnend. Alle lernen die Einstellung der Anderen kennen und erhalten so die Möglichkeit, sich schon etwas auf das Gegenüber einzulassen und umgekehrt. So werden sowohl die wesentlichen Spannungsfelder als auch die grössten Gemeinsamkeiten unter der verschiedenen Beteiligten deutlich.
2. Wie sieht die Zukunft aus?
Nun kommen die Zeitungen des Jahres 2050 als Mittel der Reise in die Zukunft ins Spiel. Wenn die New York Times schreibt “A journey into tomorrow’s mobility!”, was ist da enthalten? Inspiriert durch diese Headlines, die eine wünschenswerte Zukunft thematisieren, aber keine inhaltliche Richtungen vorgeben, können die Teilnehmerinnen anfangen, ihre eigenen Traumzukunft zu gestalten. Wie sieht mein Traum 2050 aus? Was ist bis dann passiert? So entstehen "Elemente der Zukunft", die dann im Plenum geteilt werden können. Das Erstaunliche dabei: Wenn man bei politischen Themen langfristig denkt, hat man mehr gemeinsam, als man denken könnte. Aus der Sammlung der verschiedenen Zukunftselemente beginnnen Zukunftsbereiche zu entstehen, die überparteiliche stark gestützt sind. Genau diese Bereiche sollten unsere Zukunft ausmachen. Es stellt sich somit die Frage: Wie können wir diese heute verwirklichen?
3. Was muss passieren, um diese Zukunft zu verwirklichen?
Anders als für Zukunftsforscher:innen, die Prognosen über die Zukunft geben, können Politiker:innen viel weiter gehen. Sie können nicht nur Visionen voraussagen, sondern diese gestalten, indem sie bereits heute die Massnahmen in Gange setzten, die es zur Verwirklichung eines Zukunftsbildes braucht. Im dritten Schritt geht es darum zu identifizieren, welche Barrieren und Beschleuniger heute vorherrschen, um unsere geteilten Zukunftselemente zu realisieren. Eine Barriere, um die Reisezeit halbieren zu können, ist zum Beispiel die Infrastruktur. Eine bessere Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bahnen könnte dieses Ziel hingegen beschleunigen. Auf dieser Basis werden dann die benötigten politischen Handlungsoptionen definiert, um diese Vorstellungen zu realisieren.
Und dann?
Entstanden sind Zukunftselemente, die verbinden. Es geht um die Halbierung der Reisezeit, ein einheitliches europäisches Buchungssystem, oder aber, die Reisezeit aktiv zur Nutzzeit umzufunktionieren und das Verkehrsnetz ausbauen. Aber nicht nur. Es werden auch konkrete Umsetzungsschritte definiert, um diese Elemente zu verwirklichen. Beispiele?
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.




In einer Zeit wo künstliche Intelligenz dank Tools wie Chat GPT oder Dall-E zugänglicher wird, haben wir uns gefragt, wie wir mittels KI unsere Zukunftselemente visuell verwirklichen können. Mithilfe der Visualisierungstool Midjourney haben wir unsere Visionen der KI erklärt und sie gebeten, uns “die Zukunft vorzumalen”. Daraus sind spannende Bilder entstanden.
Bei diesem ersten Einsatz des Labs für politische Visionen wurde es möglich gemacht, eine gemeinsame Vorstellung der Zukunft zu erarbeiten und mögliche Hürden und Beschleuniger zu identifizieren.
Im Labor politischer Visionen wird dieser erste Schritt der Visionsentwicklung gemeinsam gegangen. Sind sich verschiedene Menschen erst einmal über gewisse Elemente der Zukunft einig und engagiert, so existiert ein guter Boden für die gemeinsame Ausarbeitung.
Möchtet auch ihr eine umsetzbare politische Vision erarbeiten? Wir helfen gerne dabei. Paolo Marioni’s Kontakt dafür findet ihr hier.